20 Jahre Arbeitseinsatz am Kaiserjochhaus

30. April 2015 - 8. Mai 2015
Roland Schlenker


"Für mich ist das aktiver Urlaub" - Interview mit unserem Schatzmeister Alfons Müller

Im Sommer 2014 hat unser Schatzmeister Alfons Müller zum 20. Male für das Kaiserjochhaus (KJH) in den Lechtaler Alpen gearbeitet. Damit ist er der Dienstälteste aller KJH-Ehrenamtlichen unserer Sektion. Ein Jubiläum, das Alfons aber gelassen sieht. Denn was für andere ausschließlich harte Knochenarbeit ist, empfindet er bis heute auch als ein Stück Aktivurlaub. Im Interview ist Alfons so präzise, wie es nur ein ehemaliger Kriminalbeamter sein kann. Erinnerungslücken? Fehlanzeige. Denn natürlich hat er jeden Arbeitseinsatz genauso akribisch dokumentiert wie das alljährlich von ihm in seiner Funktion als Schatzmeister vorgelegte Zahlenmaterial.

Alfons, bevor wir aufs KJH zu sprechen kommen, habe ich eine andere Frage. Wir kennen dich vor allem in deiner Funktion als Schatzmeister. Wie lange machst du diesen Job eigentlich schon?
Seit 2003. Aber zwischen meiner Arbeit für das KJH und meiner Wahl zum Schatzmeister gibt es durchaus einen Zusammenhang, denn 1997 hat mich die Mitgliederversammlung zum Beauftragten für das KJH gewählt. Damit gehörte ich zum erweiterten Vorstand und habe regelmäßig an den erweiterten Vorstandssitzungen teilgenommen. Das war gewissermaßen der Einstieg in die Vorstandsarbeit. 2003 wurde ich dann auch noch Schatzmeister.

© H. Beck

Wenn du jetzt 20 Jahre am Arbeitseinsatz teilnimmst, dann müsste dein erster Einsatz 1994 gewesen sein.
Nein, so war das nicht. Ständig dabei bin ich erst seit 1997. In meiner Eigenschaft als Beauftragter für das KJH muss ich das auch. Das erste Mal war ich 1989 dabei, dann noch einmal 1991. Geleitet wurde der Arbeitseinsatz damals noch von Franz Ziegler, dessen Nachfolge ich 1997 angetreten habe. Insgesamt sind das jetzt 20 Jahre, nur eben nicht durchgehend.

 

Warum hast du dich 1989 überhaupt für den Arbeitseinsatz gemeldet?
Ein Bekannter von mir, der schon einen Arbeitseinsatz mitgemacht hatte, hat mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, da mal mitzufahren. Das Ganze hat mich irgendwie interessiert, deshalb habe ich zugesagt. Außerdem war ich 1989 schon fünf Jahre lang Mitglied der Sektion Gelsenkirchen, allerdings nur passiv.

Seit wann gibt es überhaupt den Arbeitseinsatz am KJH?
Seit 1987, also noch vor meiner aktiven Zeit. Die Idee zur Partnerschaft mit der Sektion Leutkirch ist aber bereits 1986 entstanden. Auf der Hauptversammlung in Bamberg hat unser damaliger 1. Vorsitzender, Peter Löwen, sich gemeinsam mit dem Vorstand der Sektion Leutkirch darauf verständigt. Das Ganze wurde dann dem Hauptverband vorgetragen, der hat zugestimmt, und seit dem 1.1.1987 existiert jetzt diese Partnerschaft und natürlich auch unser Arbeitseinsatz.

Dann war 1987 der erste Arbeitseinsatz überhaupt?
Genau, seit 1987 sind wir, die Sektion Gelsenkirchen, jedes Jahr mit mindestens vier Leuten am KJH und mittlerweile auch an der Leutkircher Hütte im Einsatz.

Wie war dein erster Arbeitseinsatz?
Anstrengend. In guter Erinnerung habe ich den eigentlich nicht. Wir sind damals noch mit dem Auto gefahren, insgesamt 14 Stunden. Wir standen viel im Stau, es war heiß und mein Auto hatte keine Klimaanlage. Danach mussten wir 700 Meter zum KJH aufsteigen, was noch einmal zwei Stunden gedauert hat. Ich war damals zwar erst 47 Jahre alt, aber am ersten Arbeitstag irgendwie so krank, dass ich kaum richtig arbeiten konnte. Seit 1991 sind wir deshalb fast ausschließlich mit der Bahn gefahren.

© W. Senell

Umso erstaunlicher, dass du so lange dabei geblieben bist. Was treibt dich eigentlich an? Die Arbeit ist schwer, man muss seinen Urlaub opfern … So richtig spannend klingt das nicht.
Das stimmt schon, aber ich habe nie daran gezweifelt, dass das, was wir da oben machen, richtig und nützlich ist. Das gilt vor allem für den Wegebau. Vor fast jeder Saison müssen umfangreiche Reparaturen an den Wegen zum KJH durchgeführt werden, da im Winter durch den Schnee vieles zerstört wird. Im Sommer 2014 haben wir beispielsweise rund 150 Meter Sicherungsseil neu verlegen müssen. Das Seil hatte einen Durchmesser von 16 mm und ein ganz schönes Gewicht. Wir sorgen also dafür, dass jeder Wanderer sicher unterwegs sein kann. Das macht mich sehr zufrieden. Ich habe einfach Spaß daran, etwas zu schaffen, was anderen nützlich ist.

Was müsst ihr denn außer dem Wegebau noch machen?
Das Wichtigste ist naturgemäß der Wegebau, denn das KJH muss während der Saison sicher zu erreichen sein. Für die Sektion Leutkirch und den Hüttenwirt ist das enorm wichtig, weil mit der Hütte logischerweise auch Geld verdient wird. An den Wegen kann aber nur gearbeitet werden, wenn es das Wetter zulässt. Bei schlechtem Wetter arbeiten wir in der Regel direkt an der Hütte oder im nahen Umfeld.

Und was macht ihr genau? Es soll auch ziemlich unangenehme Arbeiten geben.
Allerdings. Vor einigen Jahren mussten wir die Klärgrube der Hütte reinigen, das war alles andere als angenehm. Aber auch solche Arbeiten müssen erledigt werden. Außerdem ist das aktiver Umweltschutz. Grundsätzlich übernehmen wir alle Arbeiten, die dem Erhalt der Hütte und ihrer Zuwege dienen. Größere Arbeiten, vor allem solche, bei denen schweres Gerät benötigt wird, werden mittlerweile aber auch von Baufirmen übernommen. 2012 hatten wir so einen Fall. Der ursprüngliche Weg von der Kaisersalm zum Kaiserjochhaus war durch einen Felssturz verschüttet und musste an der gegenüberliegenden Bergseite ganz neu angelegt werden. Das war eine harte Arbeit, zumal der Weg zur Hütteneröffnung fertig sein sollte, aber wir haben es geschafft. In dem Sommer waren wir übrigens 14 Tage im Einsatz.

Hat sich die Arbeit in den letzten 20 Jahren verändert?
In gewisser Weise schon. Früher mussten wir noch das gesamte Baumaterial zum Arbeitsort schleppen. Heute wird das auch schon mal per Hubschrauber angeliefert. Unser Werkzeug müssen wir aber immer noch zum Arbeitsort bringen. Allerdings ist auch das inzwischen etwas leichter geworden. Bis vor einigen Jahren haben wir noch mit Akkubohrmaschinen gearbeitet. Waren die Akkus leer, dann mussten wir zum Aufladen manchmal eine Stunde zur Hütte und wieder eine ganze Stunde zurücklaufen. Heute setzen wir Motorbohrmaschinen ein, mit denen wir eine Menge Zeit sparen. Ständig zu laufen ist aber ein ganz wesentlicher Teil unserer Arbeit, denn die Arbeitsorte sind selten in direkter Nähe der Hütte.

Wie lang ist denn euer Arbeitstag?
In der Regel acht bis zehn Stunden. Wir fangen morgens um acht Uhr an und arbeiten so lange, wie es das Wetter zulässt. Zehn Stunden Arbeit sind aber keine Seltenheit.

Gab es in all den Jahren auch Unfälle?
Kleinere Unfälle schon, irgendjemand haut sich halt mal auf die Finger oder so. Ich selbst hatte 2012 ein Riesenglück. Da bin ich mit der Bohrmaschine im Rucksack auf einem steilen Schneefeld ausgerutscht und ein ganzes Stück heruntergeschlittert. Das Gewicht der Bohrmaschine hat mich noch zusätzlich in Fahrt gebracht. Irgendwie kam ich dann aber glücklicherweise zum Stehen.

Alfons, du wirst dieses Jahr 74 Jahre alt. Wie lange willst du diese Arbeit noch machen?
Solange es meine Gesundheit und meine Familie zulassen. Die Arbeit selbst macht mir immer noch viel Spaß. Vorerst mach ich also weiter.

Ist dein Jubiläum eigentlich irgendwie gewürdigt worden?
Oh ja, das war für mich ein sehr bewegender Augenblick, da ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte. Zu Beginn des letzten Arbeitseinsatzes hat mir Gerti, die auch schon seit 10 Jahren dabei ist, eine Urkunde überreicht, die Jacques angefertigt hat. Dazu bekam ich noch eine Mütze von Gerti, die an die letzten 20 Jahre erinnert. Das war eine Geste, die mich schon sehr gefreut hat. Eines möchte ich aber noch sagen, weil wir die ganze Zeit nur von mir sprechen. Ohne die vielen Helfer, die mich jedes Jahr begleitet haben, hätten wir nicht so viel erreicht. Gerti zum Beispiel, die eine Zeit lang in Norwegen gelebt hat, ist jeden Sommer auf eigene Kosten nach Gelsenkirchen gereist, um mit uns zum Arbeitseinsatz zu fahren. Das macht nicht jeder. Und viel andere haben ebenfalls eine Menge Zeit und Urlaub geopfert. Deshalb möchte ich allen, die mich in den letzten 20 Jahren unterstützt haben, ganz herzlich
danken.
 

 

Kategorie:
Hüttenpatenschaft



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