"Abheben, andocken, einklinken, arretieren, gegen unbeabsichtigtes Lösen sichern ..."

15. Juni 2017 - 18. Juni 2017
Doris Müller


Diese Hinweise wurden keineswegs einer Heimwerkerzeitschrift entnommen. So lauteten vielmehr gut gemeinte Insidertipps, die Neulingen im Plattenklettern den Einstieg erleichtern.

Seit Ostern letzten Jahres haben die Fahrten nach Fontainebleau einen festen Platz in unserem Terminkalender. Und das Wochenende über Fronleichnam sollte da eigentlich keine Ausnahme machen. Eigentlich, denn tatsächlich schien es nun krankheitsbedingt ins Wasser zu fallen.

Der Gedanke, alleine nach Frankreich mitzufahren, war sehr verlockend. Aber konnte ich das wirklich bringen? Wir alle lieben die Fahrten nach Bleau, war es also nicht gemein, den Rest der Familie zu Hause zu lassen? Das wohlwollende „Fahr ruhig mit“ meines Süßen gab letztendlich den Ausschlag. Diesmal also ohne Familie, dafür mit Martina im Zelt und mit Yannic, Hendrik und René in der Kochgemeinschaft – supercool! Ile de Boulancourt, ich komme!

Also ging‘s am Mittwochnachmittag bei strahlendem Sonnenschein und 30°C auf nach Bleau – mit defekter Klimaanlage – puhhhh. Aber egal! Das Ergebnis zählt und ziemlich genau Schlag Mitternacht rollten wir auf den Campingplatz. Einige waren schon da, wenige noch wach. Also Stirnlampen auf und im Schleichgang die Zelte aufgebaut, Zähneputzen, pullern und ab auf die Matte, denn der nächste Tag – und damit der Fels – kommt schnell.

Am Donnerstagmorgen hieß es nach einem gemütlichen Frühstück mit frischen französischen Baguettes Schuhe, Poff, Crashpad und Wegzehrung schnappen. Los ging’s ins Klettergebiet nach Buthiers. Das Wetter meinte es mit 30°C und strahlend blauem Himmel gut mit uns, was sich auch das gesamte Wochenende nicht ändern sollte. Buthiers ist ein bewaldetes Gebiet in der Nähe des Campingplatzes. Im Schatten der Bäume konnten wir es ganz gut aushalten und Martina und ich kletterten zusammen mit einigen anderen an den gelben Bouldern durch den Wald. Nach einem aufregenden Tag ging es zurück zum Platz. Während die einen den Rest ihrer Energie auf der Slackline ließen, zauberten die anderen die leckersten Gerichte, bevor der Abend am Lagerfeuer bei Gitarrenmusik, Bier und Wein ausklang.

Tag zwei führte uns zum Gebiet Rocher Canon, ebenfalls überwiegend im Wald. Im Gegensatz zu Buthiers gab es hier viele Platten zu erklimmen. Mit denen ist das so eine Sache, denn es gibt naturgemäß nicht so wahnsinnig viel zum Treten und Halten. Das erste Problem ist oft schon mal das „Abheben“ und „Andocken“. Sich überwinden, den sicheren Stand zu verlassen, um dann irgendwie an der mehr oder weniger steilen Platte zu kleben. Hat man das geschafft, helfen kleine Kanten, Mininupsis oder auch ganz leichte Strukturen, um sich einzuklinken und zu arretieren. Auf dem Weg nach oben heißt es dann gut stehen, konzentriert bleiben und sich nach Möglichkeit „gegen unbeabsichtigtes Lösen sichern“… Und sollte das mal doch nicht ganz so gut gelingen, stehen unten zuverlässige Kletterpartner, die durch gutes Spotten Ernstfälle verhindern.

Den dritten und für uns letzten Tag verbrachten wir in Trois Pignons im Sektor 95.2 in der Nähe des Cul de Chien. Den gelben Parcours suchten wir dort allerdings vergeblich, denn dieser war orange umgezeichnet worden – nicht ganz ohne Grund, wie wir feststellen konnten. Dennoch gab es auch hier für alle etwas zu klettern. Wieder gab es viele Platten, an denen man das gestern Erlernte gut festigen konnte. Ähm … Wie war das noch gleich? Genau! „Abheben, andocken, einklinken, arretieren, gegen unbeabsichtigtes Lösen sichern ...“ Alles klar! Mit dieser Faustregel wurde auch dies ein bärenstarker Klettertag und wir kehrten hochzufrieden zum Campingplatz zurück.

Was Fontainebleau so besonders macht, dass keine Strapaze zu groß ist, um dabei zu sein? Na, zum einen das Bouldern am Sandstein in malerischer Umgebung! Und was noch? Fontainebleau bedeutet für uns alle Gemeinschaft! Teamgeist! Abenteuer! Herausforderung! Spaß! In Bleau freut man sich über schmerzende Finger und Muskelkater. Hier geht man über sich hinaus und findet dabei ganz automatisch zu sich selbst.

Das Tolle daran? Hier ist für jeden etwas dabei! Es gibt viele verschiedene Klettergebiete und jedes hat für sich genommen etwas Besonderes, Einzigartiges. Ob schattig mitten im Wald oder sonnig auf großen Sandflächen – die unterschiedlichen Landschaften sind atemberaubend und laden auch zu einer Wanderung ein, sollte das Wetter mal nicht so mitspielen oder der Körper eine Kletterpause benötigen.

Verschiedene Routenfarben kennzeichnen unterschiedliche Schwierigkeitsgrade – gelb für Einsteiger, orange/blau für erfahrene, fortgeschrittene Kletterer, rot, schwarz und weiß für die Cracks unter uns. Auch verschiedene Einzelboulder laden zu Projekten ein. Alle können klettern, was sie möchten oder einfach nur im Schatten der Bäume die Seele baumeln lassen. Durch die Ratschläge von erfahrenen Kletterern traut man sich den ein oder anderen Zug mehr (Danke hier besonders an Barbara und Detlef, Andreas und Gerd). Niemand ist allein, alle werden unterstützt.

Ich kann nach diesen drei Tagen nur sagen: Fontainebleau ist auch mal ohne Kinder schön! ABER: Aus der Erfahrung von drei vorangegangenen Fahrten gesprochen: Bleau ist bestens familientauglich. Für die Kleinen sind die Klettergebiete gut zum Rumtollen und Abenteuer erleben geeignet. Weiße Kinderparcours runden in einigen Gebieten das Erlebnis für die Kurzen ab und somit steht für mich fest: Nächstes Jahr bin ich wieder dabei, und ganz bestimmt wieder mit der Familie!

Fotos: Teilnehmer

 

Kategorie:
Klettern



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