"Die Zahl 4 hat offenbar eine besondere Bedeutung in meinem Leben."
Jacques Balaresque im Interview anlässlich seiner Ernennung zum Ehrenvorsitzenden der Sektion Gelsenkirchen
Sein Weg führte ihn 1964 nach Deutschland. 1974 trat er der Sektion bei. 1984 übernahm er das Amt des 1. Vorsitzenden und hatte es 18 Jahre inne.
Stetigkeit und Zuverlässigkeit sind Eigenschaften, die Jacques Balaresque auszeichnen und auf die er selbst großen Wert legt.
Jacques, ein Franzose in Gelsenkirchen. Wie hat es dich ausgerechnet hierhin verschlagen?
Nach meinem Militärdienst stand ich vor einer wichtigen Entscheidung. Meine zuvor abgeschlossene Ausbildung erschien mir damals nicht ausreichend für einen Einstieg in die Arbeitswelt und so machte ich mir frühere Verbindungen aus Ferienjobs im Ruhrgebiet zunutze, um für ein paar Jahre in Deutschland zu arbeiten. Die erste Station wurde Düsseldorf. Es folgten vier intensive Lehrjahre, in deren Verlauf ich die deutsche Sprache lernte und meine Technikerprüfung ablegte. Dafür besuchte ich Abendkurse der Betriebstechniker-Fachschule in Gelsenkirchen. Damit meinte ich, genug „Kapital“ zu haben, und dachte an eine Rückkehr nach Frankreich.
Gute Freunde, ein Nebenjob in der Media-Sprachschule Gelsenkirchen als Französischlehrer sowie ein attraktives Angebot, in der Glasindustrie zu arbeiten, waren die Gegenargumente. Das war vor 47 Jahren!
Du bist am Meer aufgewachsen und verbringst im Jahr mehrere Wochen in deinem Haus an der Atlantikküste. Deine Leidenschaft gilt aber dem Bergsteigen. Wie bist du denn dazu gekommen?
Zuerst sind meine Frau Erika und ich in den Pyrenäen gewandert. Sehr schnell merkten wir aber, dass wir uns ein bisschen ausbilden lassen mussten. Als ich in der Sektion anfing, wurde mein erster Kontakt zu den Kletterern so gut, dass ich sofort in der Gruppe mitmachte.
Und wie bist du dann Chef der Sektion eines deutschen Alpenvereins geworden?
In den neunziger Jahren entwickelten sich zwei Sachen: Das Klettern in den Mittelgebirgen wurde immer mehr durch Felsensperrungen beeinträchtigt und die ersten künstlichen Kletteranlagen waren im Anmarsch. Bereits da kam das Projekt „BUGA 97“ auf den Plan. Als besondere Attraktion sollte eine künstliche Kletteranlage nach dem Vorbild der Dolomiten entstehen.
Die Sektion Gelsenkirchen des Deutschen Alpenvereins wurde für die Betreuung der Anlage während und nach der BUGA kontaktiert. Mein Vorgänger Peter Loewen nahm das Angebot an und führte die Verhandlungen bis zum Vorvertrag durch. Das war auch die Zeit, in der er beschloss, den Vorsitz der Sektion an eine jüngere Kraft zu übergeben. Er schlug mich vor. Damals war ich ein aktives Mitglied in der Klettergruppe. Nach angemessener Bedenkzeit und Klärung der allgemeinen Akzeptanz seitens des Vereins nahm ich dieses Amt an.
Vor welchen Herausforderungen hast du dich gesehen, nachdem du das Amt des ersten Vorsitzenden übernommen hattest?
Das ist schwierig zu beantworten. Die allererste Anforderung war, dass wir die BUGA mitmachen mussten. Wir sollten beim Bau der Klettertürme beratend mitwirken und nach Fertigstellung die vielen Kletterrouten in eigener Regie bauen. Alle Kletterer der Sektion halfen mit. Manchmal waren die „Baustellen“-Bedingungen schwierig. Die nach der Eröffnung und während der BUGA von uns durchgeführte Betreuung war schon sehr anstrengend. Aber wir haben uns unsere Sporen verdient. Die ersten zehn Jahre liefen so gut, dass der Vertrag 2004 um zwanzig Jahre verlängert wurde.
Dann kamen einige Anforderungen an uns bezüglich der künstlichen Kletterwände. Die Stadt Gelsenkirchen wollte Sportveranstaltungen mit einer Integrierung des Sportkletterns ausrichten. Man brauchte Klettertürme, aber die waren damals Mangelware. Und so waren wir bei jedem Sportereignis, das die Stadt veranstaltete, mit dabei.
Dann kam die Aktion „Kinderleicht“. Mit dieser Aktion wurden wir aufgefordert, auch Kinder klettern zu lassen. Das war die Geburt des Kinderkletterns in der Anlage. Ich selbst habe einige Zeit die Kindergruppe betreut.
2003 wurde die Sektion 100 Jahre alt und auch dieses Ereignis musste angemessen gefeiert werden.
Danach kam 2008 bis September 2010 die Errichtung der Hütte, hauptsächlich im Eigenbau mit 40 Helfern in 3100 Stunden Eigenleistung!
Gibt es Dinge, auf die du besonders stolz bist, sie innerhalb der Sektion erreicht zu haben?
Stolz? Zufrieden ist das bessere Wort. Zufrieden mit dem Erreichten und Freude über die spontane Bereitschaft so vieler Menschen, mich in der Vereinsarbeit zu unterstützen. Ohne diese wäre alles nicht möglich gewesen.
In den achtzehn Jahren hatte ich nur ein Bemühen, nämlich Leute zu finden, die Aufgaben übernehmen konnten. Manchmal war es schwierig, manchmal ging es leichter.
Ein Vorsitzender muss Entscheidungen treffen. Das bedeutet automatisch, dass er sich auch unbeliebt macht.
Richtig, aber das ist unvermeidlich. So etwas passiert immer und da muss man eben durch.
Es gab auch Tiefen, aber die haben wir überwunden.
Jeder weiß, wie sehr du dich engagiert hast und immer noch engagierst. Was sagt eigentlich deine Frau Erika dazu, dass du so viel Zeit für und mit dem Alpenverein verbringst?
Erika sagt klipp und klar: „Bei dir kommt zuerst der Verein und dann die Familie.“ Dabei ist der Alpenverein meine zweite Familie. Aber Erika ist selbst auch sehr in der Sektion engagiert. Ohne ihre Unterstützung hätte es nicht funktioniert. Im Moment mache ich nur noch die Koordination der Redaktion der „Berg & Hütte“. Solange ich das geistig noch erledigen kann, mache ich weiter.
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Bergsteigen