Gletscherkurs im Kaunertal 2015
Gelegter Bulin, Gehen am gleitenden Seil und Rammeln? – Dies und noch viel mehr galt es im diesjährigen Gletscherkurs vom 30.06. - 03.07.2015 zu lernen. Die erste Schwierigkeit bestand jedoch bereits in der Vorbereitung: den Rucksack mit Hilfe der von unserem Leiter Oliver Honrath erstellten Gepäckliste auf 12,2 kg zu minimieren. Dank der detaillierten Angaben in Olivers Gepäckliste (z. B. 1 Unterhose, 35 g, Sonnenmilch, 50 g, Eispickel, 545 g …) gelang das zu meiner Überraschung sogar! Sicherheit und Minimalismus kennzeichnen eben Olivers Kletterphilosophie aus! Unsere Truppe war nicht nur klamottenmäßig bunt. Die sechs Teilnehmer/innen kamen aus Sachsen, NRW, Bayern und sogar aus Peru. Erster Treffpunkt am späten Nachmittag zum gegenseitigen Beschnuppern und für eine erste Theorieeinheit war die älteste ÖAV-Hütte, das Gepatschhaus (1928 m). Hier gab es die erste Einführung in Knotenkunde – der sch… Schleifknoten verfolgt mich manchmal noch heute in meinen Kletterträumen – und Materialkunde. Mitgebrachte nicht genormte Sicherungsgeräte wie selbst geschweißte Eisschrauben wurden nicht zugelassen (sorry Roxanna ;o) )
Am nächsten Tag ging es dann, immer wieder angereichert mit wichtigen Informationen und Tipps, worauf man beim Gletscherwandern achten muss, über den Gletscher hoch zur Rauhekopfhütte auf 2731 m. In dieser von der Sektion Frankfurt mit viel Engagement und unglaublicher Freundlichkeit geführten Hütte erlebt man das Ursprüngliche einer Übernachtung in den Bergen mit allen Sinnen. Den dritten Tag verbrachten wir wieder auf dem Gletscher mit vielen Übungseinheiten, u. a. Eisschrauben richtig setzen, sicheres Gehen im Steileis oder am gleitenden Seil und Seilsicherung legen in Steilflanken. Nicht nur wegen des kalten Windes, sondern auch wegen der teilweise komplexen Sicherungstechniken war das Üben auf dem Gletscher kein Zuckerschlecken – Eis wäre genug da gewesen, nur süß war es nicht! Am Felsabsturz üben. Insbesondere das „Rammeln“ (Klettertechnik!) war eine schweißtreibende und blasenproduzierende Angelegenheit (tapfere Astrid!), bei der Salsatänzer und andere Hüft-Elastiker im Vorteil waren.
Bei der Spaltenbergung in der Seilschaft lag die Herausforderung darin, beim Flaschenzugbau vor allem die Übersicht über die verschiedenen Prusiksicherungen, Seillängen und Karabiner nicht zu verlieren. Üben, üben, üben und hoffen, dass man es nie anwenden muss! Am vierten Tag ging‘s leider nicht wie geplant auf einen Gipfel, denn aufgrund der starken Sonneneinstrahlung war der tiefe Schnee zu sulzig. Wie bereits erwähnt, geht bei Oliver die Sicherheit stets vor dem Gipfelsieg. „Die Berge stehen nächstes Jahr auch noch!“ Stattdessen lernten wir den Pickelnotgriff, T-Anker im Tiefschnee setzen und vertieften die Gletscherkunde, um die beste Route zur Überquerung finden zu können. Rechtzeitig, bevor eine Viertelstunde später ein Hagelgewitter losging, stiegen wir wieder zur Hütte ab. Eine andere Wandergruppe, die die Besteigung der Weisseespitze gewagt hatte, hatte weniger Glück und rettete sich erst kurz danach pitschnass bis auf die Unterwäsche in die gute Stube!
Am nächsten Tag stiegen wir bei traumhaftem Wetter wieder ins Tal ab und übernachteten ein letztes Mal im Gepatschhaus.
In meiner Erinnerung bleibt die intensive, herzliche Begegnung völlig fremder Menschen und die gegenseitige Unterstützung und Ermutigung in Grenzsituationen.
Außerdem danke ich, sicher auch im Namen der ganzen Gruppe, Oliver für die ruhige, klare und kompetente Vermittlung der Kursinhalte, die ich bereits bei meiner erfolgreichen 4000er-Tour im August anwenden konnte. Ein Extradank geht auch an Ruben, den stets lachenden peruanischen Bergführer, dessen Prophylaxe gegen die Höhenkrankheit sicherlich noch Anwendung finden wird!
Tja, und natürlich bleiben auch die fantastischen Bilder vom Kaunertal im Kopf … wir kommen wieder!
Fotos: Michael Wallach und Ruben Flores Salazar
Kategorie:
Bergsteigen